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Der Mollath-Strate-Clinch

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Wiederaufnahmeverfahren. Gustl Mollath, Gerhard Strate. Ein Mandant und sein Verteidiger im Streit. Der Verteidiger, so habe ich es verstanden, will einen Freispruch erster Klasse. Der Angeklagte möchte einen Freispruch erster Klasse mit Sternchen. Dieser sei, so meint wohl der Verteidiger, in einem Wiederaufnahmeverfahren unmöglich zu erreichen. Gustl Mollath glaubt offenbar, dass er ohne dieses Sternchen nicht leben könne. So oder ähnlich könnte es sein. Oder auch nicht. Dies zu klären ist hier nicht mein Anliegen.

Der Focus titelt: Gustl Mollath: Ein Held zerstört sich selbst. Selbst langjährige, treue Unterstützer verstünden ihren Helden nicht mehr. Ursula Prem beispielsweise zeige sich schockiert, dass Mollath so wenig Vertrauen in Strate habe. Angeblich, so ist zu hören, sei ein böser Geist im Spiele, der Gustl Mollath auf Irrwege leite.

Doch ist die wirklich der (alleinige) Grund? In der Fan-Gemeinde hat die Ursachensuche begonnen. Hier einige Stimmen:

“Was Justizopfer angeht, hat mir einmal ein – wirklich sehr engagierter und kritischer – Rechtsanwalt erklärt: Das seien die “gefährlichsten Mandanten”. Ich denke, solche “Gefährlichkeit” wird deutlich gebessert, wenn man mehr über Reaktionsmechanismen weiß, die durch Justiz und/oder Psychiatrie traumatisierte Menschen nicht selten als Folge solcher Gewalt entwickeln. Andernfalls kommt es leicht zum unproduktiven Konflikt und zu Unzufriedenheit auf beiden Seiten (Michael Bach).”

“Opfer wie Gustl Mollath werden halt gern instrumentalisiert und ihr Misstrauen gegenüber der Justiz ausgenutzt – selbst gegen den besten Anwalt, den er kriegen konnte (Gabriele Wolff).”

“Schlimm ist nur, wenn solche Selbstdarsteller sich eines prominenten Justiz- und Psychiatrie-Opfers bemächtigen und es gegen den eigenen Anwalt, der großartig für es arbeitet, aufhetzt (Gabriele Wolff).”

Ist Gustl Mollath ein traumatisiertes Psychiatrie- und Justiz-”Opfer”, dessen “Reaktionsmechanismen” ihn zur leichten Beute von “Selbstdarstellern” machen?

Wenn ich den bisherigen Prozessverlauf richtig beurteile, dann

  • können ihm die ihm zur Last gelegten Taten nicht nachgewiesen werden
  • war er zum Zeitpunkt der mutmaßlich von ihm begangenen Taten nicht aufgrund einer psychischen Krankheit schuldunfähig.

Daraus folgt, dass er grundlos mehr als sieben Jahre im Maßregelvollzug verbrachte. Dass es sich dabei um eine schreckliche Erfahrung handelt, steht außer Frage. Nicht fraglos hingenommen werden kann aber die Einschätzung, dass er deswegen ein Opfer mit Reaktionsmechanismen sei, der von zweifelhaften Freunden fremdgesteuert werde.

Zu den wenigen Psychiatern, die ich ernst nehme, zählt William Glasser. Er gehört nicht zu den Leuten, die ihre Positionen mit empirischen Studien belegen und eigentlich müsste ich deswegen seine Auffassungen mit Missachtung strafen. Dass ich weit davon entfernt bin, liegt daran, dass er Klartext schreibt, dass er Dinge ausspricht, die gern hinter einem Wust von Ideologien versteckt werden. In seinem Buch “Choice Theory” heißt es:

“Die Entscheidungstheorie erklärt, für alle praktischen Anliegen, dass wir alles wählen, was wir tun, einschließlich des Elends, das wir fühlen. Andere Leute können nicht bewirken, dass wir uns elend oder glücklich fühlen. Alles, was wir von ihnen erhalten, sind Informationen. An sich können Informationen uns nicht dazu bringen, irgendetwas zu fühlen. Sie gehen in unser Gehirn, wo wir sie verarbeiten und uns dann entscheiden, was wir tun. Wie ich sehr detailliert in diesem Buch erklären werde, wählen wir alle Aktionen und Gedanken und, indirekt, beinahe alle unsere Gefühle und auch viele unserer physiologischen Zustände. So schlecht du dich auch fühlen magst, sehr viel von dem, was in deinem Körper vorgeht, wenn du Schmerzen hast oder krank bist, ist das indirekte Resultat von Handlungen und Gedanken, die du wählst oder für die du dich entschieden hast an jedem Tag deines Lebens.”

Ich bin davon überzeugt, dass Glasser Recht hat. Auch wenn wir uns also beispielsweise von falschen Ratgebern in die Irre führen lassen, auch wenn sie es verstehen, uns für Verhalten in ihrem Sinne zu verstärken (beispielsweise durch Anerkennung), dann bleibt es doch eine Tatsache, dass wir uns entschieden haben, ihnen unser Ohr zu leihen.

Dies gilt für jeden Menschen. Warum sollte dies nicht auch auf Gustl Mollath zutreffen. Er hat Schreckliches erduldet, ohne Frage, aber hat ihn diese Erfahrung tatsächlich in einen Reaktionsautomaten verwandelt, der von “Mechanismen” beherrscht wird? Wer eine solche These vertritt, der sollte in der Lage sein, sie durch Tatsachen zu erhärten – oder besser schweigen.

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